„Ihr müsst sofort das Land verlassen.“ Wie aus 16 Tagen Urlaub nur 8 wurden.
16 Tage Usbekistan waren geplant – 8 sind es geworden. So sehr hätten wir uns gefreut, unsere gesamte geplante Reise durchführen zu können. Doch leider hat der Corona-Virus auch uns in die Knie gezwungen und wir mussten innerhalb weniger Stunden das Land verlassen. Wie es zu unserer überstürzten Heimreise kam, und wie wir Corona in Usbekistan wahrgenommen haben, erfährst du in diesem Beitrag…
Inhaltsverzeichnis
Situation vor unserer Reise
Einen Tag vor unserer Abreise nach Usbekistan war die Lage in Österreich noch ziemlich entspannt: auch wenn Corona schon in aller Munde war, sahen wir keine große Gefahr: alles Panikmache, dachten wir uns. Man konnte noch schwer abschätzen, wie sich die Lage entwickeln wird. In den Nachrichten wurde gerade kommuniziert, dass die Fälle in Norditalien immer mehr werden, und man als Österreicher die Einreise vermeiden sollte. In Usbekistan selbst gab es noch keinen bestätigten Corona-Fall. Also nichts, was uns an unserer Reise hindern sollte.
Situation an den Flughäfen
Als wir uns dann am 7. März auf den Weg nach Salzburg zum Flughafen machten, kamen die Nachrichten und Informationen bereits in deutlich kürzeren Abständen. War man in den vergangenen 14 Tagen in Italien, China, Südkorea, Irak oder Iran, durfte man kein Flugzeug mehr betreten. Gut, betraf uns nicht. Als wir dann am Check-In Schalter standen, und uns die Dame für einige Minuten allein ließ mit den Worten „Sie müsse da mal was abklären“, fingen wir erstmals an uns Sorgen zu machen.
Nach einer Weile kam sie zurück und erklärte uns, dass von Seiten der Turkish Airline überlegt wurde, Tashkent nicht mehr anzufliegen, und dass sie nun abklären müsse, ob unser Flieger überhaupt noch geht. Gott sei Dank wurde unser Flug dann doch noch bestätigt. Also sind wir wie geplant über Istanbul, mit 5 Stunden Zwischenlandung, in Tashkent angekommen.
Bereits kurz vor unserer Landung in Istanbul mussten wir ein „Health-Check“ Formular ausfüllen. In Tashkent gelandet, durften wir vorerst nicht den Flieger verlassen. Ein Sicherheits-Trupp in Schutzkleidung kam in das Flugzeug und kontrollierte bei jedem einzelnen Passagier die Körpertemperatur. War sie erhöht, musste ein weiterer Test gemacht werden. Ausgestiegen aus dem Flieger, musste man an diversen Wärmebildkameras vorbei gehen. Schlugen diese an, wurde man sofort heraus genommen und zu weiteren Tests verpflichtet. Noch mal zur Info: zu diesem Zeitpunkt gab es noch keinen offiziell bestätigten Fall in Usbekistan.
Situation in Usbekistan
Wir waren gespannt, wie die Lage in Usbekistan sein wird, wenn die Kontrollen am Flughafen bereits so verschärft sind. Umso überraschter waren wir, als wir uns am ersten Tag auf in die Stadt machten. Keine Corona-Panik. (Fast) keine Schutzmasken. Andere Themen beherrschten noch die Nachrichten. Diese entspannte Lage hielt tagelang an.
Erst nach ein paar Tagen merkte man auch in Usbekistan, dass Corona immer mehr zum Thema wird. Taxifahrer sprachen uns darauf an. Es wurden erste Hinweis-Plakate an öffentlichen Gebäuden angebracht. Doch im alltäglichen Leben merkte man kaum etwas davon. Unser Guide erzählte uns, dass die gesamte usbekische Bevölkerung bereits tagelang Warn-SMS bekommt, doch niemand es ernst nehme. Noch nicht. Auch wir bekamen am Abreisetag eine SMS auf unsere usbekische SIM mit den Worten „Koronavirus“ und „Gripp“.
Vielmehr beunruhigten uns jedoch die vielen Nachrichten von Familie und Freunden zu Hause. Wir sollten doch bitte das Land verlassen. Wir sollen nach Hause kommen. Für uns war es schwer nachzuvollziehen. Als wir Österreich verlassen haben, war die Lage ja noch entspannt. Wir konnten uns wirklich nicht vorstellen, was da zu Hause abgeht. Das Klopapier geht aus? Keine Nudeln mehr in den Regalen? Für uns war das nicht zu glauben, und wir müssen ehrlich gestehen, dass wir den Ernst der Lage lange nicht erkannt haben, bzw. nicht erkennen konnten. In Usbekistan war eben noch alles entspannt.
Dann kam die Meldung des Außenministers in den Medien: „Alle Österreicher und Österreicherinnen im Ausland sollen so schnell als nur möglich zurück kehren“. Bam. Und jetzt? Wir haben uns, so wie immer vor unseren Reisen, beim Außenministerium registriert. Unsere Devise zu dieser Zeit: „In Usbekistan sind wir sicher besser dran. Da gibt es noch kein Corona. Wir genießen unsere Reise, anstatt in Österreich zu Hause fest zu sitzen.“ Wir waren der Meinung, sollte es wirklich kritisch werden, würden die sich schon bei uns melden. Tja, denkste. Vielleicht auch irgendwo naiv von uns. Bis zum Schluss jedenfalls kam keine Meldung vom Außenministerium.
Am Samstag, den 15.3., an unserem achten Tag in Usbekistan, saßen wir gerade gemütlich bei Pizza und Palatschinken in Samarkand. Es war etwa 15 Uhr. Ganz zufällig, als Atti online etwas nachschauen wollte, sahen wir, dass unser regulärer Heimflug bereits gecancelt wurde. Turkish Airlines lässt keine österreichischen Staatsbürger mehr in ihre Flieger steigen. Also haben wir ernsthaft über die Situation gesprochen und uns darauf geeinigt, einfach länger zu bleiben, sollten wir nicht mehr nach Österreich einreisen dürfen. Wir haben uns bereits über die Nachbarstaaten informiert und uns dazu entschlossen, im Fall er Fälle, einfach noch weitere Länder zu bereisen. Lieber länger herumreisen, als frühzeitig heimzureisen.
Wieso haben wir uns dann doch dazu entschieden, nach Hause zu kommen?
Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht beachtet haben: Irgendwann wird Corona auch auf Zentralasien treffen. Ein sehr guter Freund von Elsa, der lange in Zentralasien unterwegs war, öffnete uns die Augen: Reisen in Usbekistan und Umgebung ist wunderbar, doch auch dort würde es wohl oder übel einmal zu einschränkenden Maßnahmen kommen. Und das kann sehr sehr schnell gehen. Außerdem weiß man nicht, wie die Lage tatsächlich aussieht. Man kann in Ländern wie diesen leider nicht immer davon ausgehen, dass auch alle Informationen vom Staat an die Öffentlichkeit gelangen. In einem Land wie Usbekistan fest zu sitzen ist definitiv nichts, was man sich wünschen möchte. Vor allem da die medizinische Versorgung nicht mit der in Europa vergleichbar ist. Des Weiteren gibt es in Usbekistan kein österreichisches Konsulat. Weil die heimischen Behörden somit keinen direkten „Kontakt“ mit dem zentralasiatischen Land haben, würde eine Rückhol-Aktion noch viel komplexer sein.
Zu diesem Zeitpunkt, es war bereits der 15. März, abends gegen 20 Uhr, haben wir nach wie vor keine Information vom Außenministerium erhalten. Elsa‘s Mutter rief daher bei der Hotline an und fragte für uns nach: „Ihr Kind soll umgehend das Land verlassen. Sofort!“. Nun wussten wir – wir müssen uns beeilen. Jedoch einen Heimflug zu bekommen, war gar nicht so einfach. Viele Airlines und Staaten haben zu diesem Zeitpunkt bereits verkündet, keine österreichischen Staatsbürger mehr anzunehmen. Als einzige Möglichkeit blieb uns der Transfer über Moskau. Last-Minute bekamen wir einen Heimflug mit Aeroflot: wir buchten um 23:00 Uhr, der Flieger ging nur 7 Stunden später. In den nächsten 2 Stunden stornierten wir alle übrigen Zugfahrten und Hotels, packten noch schnell die Rucksäcke und legten uns noch für eine Stunde nieder. Danach ging es bereits per Taxi zum Flughafen. Wir freuten uns, doch wussten wir, es ist noch lange nicht geschafft.
Heimreise
Beim Check-In am Flughafen teilte uns der Mitarbeiter von Aeroflot mit, etwas stimme mit unserer Buchung nicht. Zusammengefasst lag das Problem an der Art der Ticketausstellung seitens des Buchungsportals. Unser Anschlussflug wurde auf eine separate Ticketnummer gebucht. Dies wiederum hätte uns zum Verlassen des Transitbereichs am Flughafen in Moskau gezwungen, wofür wir aber vorab ein Visum beantragen hätten müssen. Knappe 2 Stunden lang verhandelten wir mit der Airline, mitfliegen zu dürfen. Die Usbeken waren bis zum Schluss enorm freundlich und hilfsbereit, doch teilten sie uns auch mit „Es zerreißt uns das Herz, aber wir dürfen euch nicht in den Flieger steigen lassen“. Elsa war mit ihren Nerven völlig am Ende und rechnete bereits damit, in Usbekistan bleiben zu müssen: nach ihrem Wein-Anfall erbarmte sich einer der Mitarbeiter jedoch und versuchte uns auf „halblegalem“ Wege heimfliegen zu lassen. Auch in Moskau mussten wir zittern, ob alles wie geplant funktionieren würde. Für alle, die den Film ARGO gesehen haben: genauso fühlten wir uns! 🙂
In Moskau kam der nächste Schock. In den Nachrichten hieß es: „Aus Russland dürfen keine Menschen mehr nach Österreich einreisen“.
Doch wir hatten Glück, und unser Flieger hob noch ab. So gut wie leer. Etwa 30 Personen waren wir im gesamten Flieger. Alles Business-Men, Diplomaten, und wir. Noch nie zuvor haben wir uns so über das Abheben eines Flugzeugs gefreut.
Angekommen in Wien am Flughafen teilte uns Elsa‘s Mama mit: Usbekistan ist dicht. Der erste Corona-Fall im Land wurde bestätigt. Die Grenzen sind geschlossen. Der gesamte Flug- und Zugverkehr wurde eingestellt. Schulen sind geschlossen, Shops sind zu. Wir konnten es nicht glauben. War es wirklich so knapp?!? Noch 20 Stunden zuvor saßen wir bei Pizza und Palatschinken in Samarkand, völlig entspannt und unwissend, dass sich die Lage vor Ort so schnell und drastisch verändern könnte. Die Entscheidung, die Reise abzubrechen, fiel uns enorm schwer. Doch wie wir sehen, war sie definitiv die Richtige. Wir sind unendlich froh und dankbar, es so rasch nach Österreich geschafft haben.
Fazit
Was wir in den wenigen Tagen in Usbekistan erlebt haben, ist vor allem eines: ein wundervoll herzliches Volk, das unglaublich (gast)-freundlich ist, eine Architektur und Bauwerke, die einen nur so Staunen lassen, und Erlebnisse, die uns wieder Mal gezeigt haben, dass wir Menschen in unseren Herzen doch alle gut sind. Usbekistan, wir sind noch nicht fertig mit dir! Wir kommen zurück – versprochen!
Übrigens: Wer noch mehr Videos und Fotos sehen möchte, kann unsere Instagram-Story nachsehen.
Welche Erfahrungen hast du in der aktuell schwierigen Zeit mit dem Reisen gemacht? Wir würden es echt gerne wissen! Erzähle es uns doch in einem Kommentar.
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